Gemeinsame Räume Offenhalten - Kartierungen am Kotti, am Cotti und am Hermannplatz
Ausstellung der Praxis-Mappings und Theorie-Diagrammings aus "for Dis-closing Separate Space"
Introtext zur Ausstellung: Laurenz Blaser auf Basis der Recherchen von Maria Arnold, Chloe Borreguero Boleis, Anders Grivi Coleman, Oliver Gudzowski, Paula Granda, Julia Hartmeyer, Gustav Ingold, Jakob Köchert und Sarah Malinowski
Warum gemeinsame Räume? Laut Silvia Federici schreitet das, was Marx im 19. Jahrhundert unter dem Begriff „ursprüngliche Akkumulation“ geprägt hat, immer weiter voran. Mit diesem Begriff wird die Privatisierung von Land und die damit einhergehende Enteignung gemeinsamer Lebensgrundlagen und grundlegender Ressourcen beschrieben. Dieser Vorgang ist heute auf globaler wie auf lokaler Ebene vielseitig erkennbar: Neokolonialer Raubbau und die Verschmutzung der Weltmeere können so mit dem Ausverkauf des landeseigenem Grundbesitzes Berlins – 21 Quadratkilometer Land allein zwischen 1989 und 2017 (Schüschke 2019) –in einen Kontext gebracht werden. Gemeinsame Räume setzen sich mit diesen strukturellen Problemen im kleinen Maßstab auseinander: Wo staatliche und kommunale Akteure sich zunehmend zurückziehen und Spielräume für gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung schrumpfen, können gemeinsame Räume als Gegenentwürfe zu den fortschreitenden Privatisierungen verstanden werden, zwischen der öffentlich-kommunalen und der privaten Sphäre.
Darum sprechen wir von Räume ‚offenhalten’. Offenhalten gegen gesellschaftliche Ungleichheiten und Hierarchien. Offenhalten gegen die Spaltungen, die sich im Kapitalismus anhand von Klasse, Geschlecht, Herkunft und Alter weiter zu vertiefen drohen. An den drei Orten suchten wir nach Ansätzen für Arbeitsweisen um auf die drängenden ökonomischen und sozialen Fragen lokal Antworten zu finden – sei es zur Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums, sei es zur Absicherung gegen Privatisierung von Land, lebensnotwendigen Infrastrukturen und öffentlichem Raum. Wir spürten dort neuen Formen des Zusammenhalts und der Kooperation nach.
Wir verstehen die (Re-)Produktion anderer, gemeinsamer Räume nicht nur als eine Forderung nach anderen Eigentumsverhältnissen, wir glauben auch, dass diese Räume die Notwendigkeit einer Neuordnung zwischenmenschlicher Beziehungen allgemein ebenso wie Beziehungen zwischen dem Menschen und seiner Umgebung implizieren. Wir laden Sie herzlich dazu ein, die Räume rund um den Kotti-Shop, die station urbaner kulturen und die Initiative Hermannplatz mit uns zu erforschen, zu besuchen, zu hinterfragen und darüber nachzudenken, wie gemeinsame Räume in der Stadt gedacht und erhalten werden können.