Flanieren, umherschweifen, spazieren - Wissen(schaft) durch Bewegung
Während der Pandemie haben wir im Wintersemester 2020/2021 unsere wöchentlichen online-Treffen dafür genutzt, uns theoretisch und praktisch mit verschiedenen Methoden wie dem Flanieren, Umherschweifen und Spazierengehen auseinanderzusetzen. In dem Seminar wurde im Gespräch über Texte von Walter Benjamin über Lauren Elkin bis Garnette Cadogan der Frage nachgegangen, wie das Flanieren aus einer feministischen und postkolonialen Perspektive als ein wissenschaftlicher Zugang dienen kann. Nach verschiedenen praktischen Übungen erstellten die Studierenden jeweils ein finales Projekt, welches die folgenden Etappen der Flanerie beinhalten sollte: 1) Der Spaziergang selbst, das Wahrnehmen der Umgebung und sich selbst, 2) Die Verarbeitung der Eindrücke, das Sammeln von Assoziationen, 3) Die Auswahl, Auswertung, Präsentation und Vermittlung der eigenen Erkenntnisse. In dem Seminar der Lehrbeauftragten Mirjana Mitrović entstand u.a. das Projekt „The Black Flaneurs and Flaneuses Of Germany“ von Joy Record und die Arbeit „Catcalling - das ist einfach eine andere Welt, in der wir leben“ von Luisa Kühne und Luisa Beinhold, welche im Rahmen dieses Rundgangs ausgestellt werden.
„The Black Flaneurs and Flaneuses Of Germany“ von Joy Record
“Walking while black restricts the experience of walking, renders inaccessible the classic Romantic experience of walking alone.” -Garnette Cadogan, 2016
The art of Flânerie can be defined as the act of strolling, without a specific destination in mind. For some, just plainly described as “walking”. Either way, the mundane act such as the flaneuring has gained popularity in the past year, due to the Corona Pandemic. Going for a walk was, for many, one of the main outlets to prevent oneself from going mad, trapped in the same four walls all day during lockdown. I wanted to know: does everyone reap the benefits of walking and is it the same experience for everyone? Specifically, how do black people experience flaneuring?In the following work, black people living in Europe speak about their experience with flaneuring. About public life in a predominantly white society.
„Catcalling - das ist einfach eine andere Welt, in der wir leben“ von Luisa Kühne und Luisa Beinhold
Das alltägliche Spazierengehen erweist sich besonders für Frauen als unangenehm und kann sogar gefährlich werden. Verbale Belästigung auch "Catcalling" genannt ist für viele Frauen Normalität, sei es auf dem Weg zum Bäcker oder abends zum nächsten Club. Für unser Projekt für das Modul Flanieren, Spazieren und Umherschweifen haben wir uns entschieden uns mit Catcalling zu beschäftigen. Catcalling bezeichnet eine Art der verbalen Belästigung durch Fremde im öffentlichen Raum in Form von unerwünschten Äußerungen gegenüber Personen, die als Objekt der Begierde wahrgenommen werden. Oft begleitet von provokativen Gesten, Hupen, Pfiffen, unsittlichen Entblößungen, Stalking, hartnäckigen sexuellen Annäherungsversuchen und Berührungen. Catcalling ist etwas, das viele Frauen prägt und die Art und Weise, wie wir als Frau durch die Welt laufen, stark verändert. Anfangs inspirierte uns ein Zitat der feministischen Autorin Margaret Atwood: „You are a woman with a man inside watching a woman. You are your own voyeur“. Margaret Atwood spricht über den Male Gaze und von den männliche Fantasien, die uns als Frau prägen. Damit zeigt sie die patriarchalischen Strukturen auf, in denen wir leben. Frauen verhalten und nehmen sich selbst anders wahr aufgrund des männlichen Blickes, der auf sie gerichtet wird. Wenn man sich immer bewusst ist, wie die Mächtigeren über einen denken, verinnerlicht man auch ein Stück weit deren Gedankengut, ohne es zu wollen. Dieses Hyper-Bewusstsein der männlichen Fantasie hat sehr viel damit zu tun, dass in den Medien, in der Werbung, in den Filmen sehr viel aus der männlichen sexualisierenden Perspektive gefilmt und gezeigt wird. Doch auch wenn wir diesen Medien entfliehen könnten, könnten wir dem männlichen Blick nicht entkommen, denn wenn man als weibliche Person durch die Welt geht, macht vor allem das weit verbreitete Catcalling einen darauf aufmerksam, wie man aus dieser sexualisierenden Perspektive von Männern wahrgenommen wird. Mit unserem Projekt wollten wir erforschen wie es anderen Frauen damit geht und inwiefern sich ihr Selbstbild und ihr Verhalten beim Spazieren durch das Catcalling verändert. Uns ist bewusst, dass diese Art verbale Belästigung nicht nur mit Menschen passiert, die sich als Frau identifizieren, weswegen wir auch Männer mit einbeziehen wollten, die ähnliche Erfahrungen machten. Insgesamt interviewten wir acht Leute, von denen zwei schwule Männer waren. Die Tonaufnahmen haben wir so zusammengeschnitten, dass alle Aussagen entweder ein Gegenargument oder ein zustimmendes Beispiel auch haben. Die Interviews sind also so gestaltet, als wären sie Gespräche zwischen verschiedenen Personen, die alle ähnliche Situationen durchgemacht haben. Interessanterweise, wurde bei fast jeder Geschichte zuerst darauf eingegangen, was diese Person anhatte als sie gecatcalled wurde. Mit dem Zusammenschnitt wollen wir nun ein Hörerlebnis schaffen, bei dem der Fokus auf den einzelnen Aussagen und Stimmen liegt. Deswegen haben uns dazu entschieden kein Videomaterial zu verwenden.