Neobionten
Als „Neobionten” werden solche Spezies (Tiere, Pflanzen, Pilze) bezeichnet, die sich in einem Gebiet außerhalb ihres ursprünglichen Biotops angesiedelt haben. Diese Prozesse sind stets mit komplexen Wechselwirkungen verbunden: Das bedeutet, dass sich nicht nur der Neobiont an seine neue Umgebung anpassen muss, auch das Biotop verändert sich, wenn sich eine neue Spezies etabliert. In zehn, medial verschiedenen Interventionen untersuchen die Design-Studierenden der UdK, ob sich neobiontische Wanderungsprozesse und Wechselwirkungen auch für Artefakte nachweisen lassen. Was passiert mit Objekten, wenn sie ihr Biotop verlassen und in ganz andere Kontexte geraten? Wie werden sich die Objekte in diesen ungewohnten Umgebungen verhalten – und wie diese Umgebungen zu ihnen? Stehen ihre ursprünglichen Funktionen in den anderen Kontexten weiterhin im Vordergrund oder werden sie ganz neu interpretiert? Können sie ungeahnte Werte entfalten oder verlieren sie gänzlich an Relevanz? Derlei Transformationen sind in musealen Kontexten normalerweise nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Die Aufgabe des Museums liegt ja gerade darin, die Objekte vor jeglichen Veränderungen zu bewahren. Sie werden aus der lebendigen Welt des Werdens und Vergehens herausgenommen und mit einem semipermeablen Schutzmantel umgeben: hineinschauen möglich, heraus wirksam werden kaum. Dabei haben die meisten von ihnen eine Jahrhunderte lange, oft sehr bewegte Biographie der Wertschaffung und -veränderung, aber auch der Vernichtung hinter sich – inklusive der Raubzüge, und Kriege, die um sie oder um sie herum geführt wurden. Was passiert, wenn wir die still gestellten Objekte entführen und zu neuem Leben erwecken? Wenn wir sie in ungewohnte soziale Kontexte verpflanzen, neue Narrative erfinden und sie auf die Probe stellen? Welche Geschichten lassen sich nach vorne entwickeln – und welche lassen sich erzählen, wenn die derart Verrückten zurückkehren in das museale Biotop? Welche multiplen Dialoge und auch Ansteckungen ereignen sich in den Sammlungs-Räumen des Kunstgewerbemuseums zwischen den Originalen und den neobiontischen Wiederkehrern?
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